Uber 200 Musikerinnen und Musiker brillierten mit dem Feuerwerk um die Wette. Foto: agsb
Heinsberg-Horst. Neue Ideen braucht das Land, auch die Musik. Tradition ist gut, Fortschritt besser. Der Musikverein Horst kann nach den Jubiläumsfeierlichkeiten zum 80-jährigen Bestehen, verbunden mit dem Stadtmusikfest, für sich in Anspruch nehmen, beides bestens miteinander zu verklammern.
Vom Verein heißt es, er ist für jede Überraschung gut. Dank seiner Jugendlichkeit nimmt er die Zukunft fest in den Blick. Frühere Heimatabende sind out. Dafür gab es zum Auftakt ein Konzert von riesigen Ausmaßen.
Anderthalb Jahre hatte man sich für die Vorbereitung Zeit genommen. Von 20 bis 24 Uhr gab es die PromsNight nach englischem Vorbild. Stichwort: Pop meets classic. Das Zelt war mit 900 Besuchern restlos ausverkauft, und jeder Auftritt fand totale Begeisterung. Allein der Musikverein kam auf rekordverdächtige 34 Nummern. Noch am Tag danach konnte man sich über diesen Bombenerfolg nicht genug auslassen.
Wer nicht da war, hat etwas verpasst. So wird dieser Abend auch in den Annalen ein einsamer Höhepunkt sein. Ohne Sponsoren hätte man so eine Fete nie stemmen können. Von überall her kamen die Mitwirkenden. Natalie Diart, Sopran, war die „Königin der Nacht”. Ihr Gegenspieler war Martin Endrös, Tenor, und Mitglied des Kölner Opernchores; dann die vielen Instrumentalsolisten von Xylophon bis Flügelhorn. Aus Roermond gesellte sich ein Jazzmusiker mit einsamem Können hinzu.
Schon lange hält die Ton-Wilbers-Crew eine Menge von der Losung: Blasmusik plus. So verfügt man mit dem Chor 77 schon über frühere Besterfahrungen. Der Minkenberg-Chor aus Doveren kam erneut und siegte. Mixtura variata war das Erfolgsrezept.
Wer Klassik liebt, muss darum nicht auf den Pop verzichten. Damit punkten die Horster auch in ihren Konzerten. Puccini (Turandot) oder Verdis „Traviata” vertrugen sich mit Maria aus der „Westside-Story” beziehungsweise mit „Les Miserables”, „Lion King”, „Phantom der Oper” und so weiter.
Die beiden Ansager Maria Nolden und Manfred Odenius boten einen Leckerbissen nach dem anderen, und, was Wunder, die Besucher kriegten davon nicht genug. So steigerte sich das Programm zu immer neuen Höhepunkten. Eine Trias hielt das Geschehen in Fluss. Blasorchester, Live Band „After Work” und Chor 77. Eine professionelle Tontechnik machte das Geschehen für jeden nachvollziehbar.
Das zweite Highlight folgte am nächsten Tag. Auch hier gab man sich wieder „very british”. Genau 213 Musiker aus Dremmen, Klinkum. Tripsrath, Würm und natürlich Horst formierten sich zu einem grandiosen Open-Air-Spektakel mit einem Brillant-Feuerwerk von etwa halbstündiger Dauer.
Während der Mediziner und gelernte Pyrotechniker Dr. Christoph Schmidt mit seiner Assistentin das Feuerwerk in den windumtosten Nachthimmel abschoss, intonierte der Massenverein Händels „Feuerwerksmusik”, Highland Cathedral, Conquest of Paradise oder „Gonna fly now”, während sich im Dirigat Chef Ton Wilbers mit seinem Assistenten Kai Stoffels und „Büb” Mühlenberg ablöste.
Alle Beteiligten hatten nicht nur mit der Dunkelheit zu kämpfen, auch mit dem Herbststurm, der die Notenblätter zerzauste. Aber die Musiker blieben standfest und ließen sich nicht aus der Ruhe bringen. Was die Musik nicht vermochte, das bewirkte das Farbenmeer über Horst. So ähnlich muss es auch vor ein paar hundert Jahren zu Händels Zeiten in London gewesen sein.
Treuherzig kehrte man am letzten Tag zur Tradition zurück: Heilige Messe, Frühschoppen, Aufzug, Kaffeekonzerte waren „the same procedure as every year” bei den Stadtmusikfesten. Und der Zauberer Brik setzte den Schlusspunkt nach diesem herrlichen Fest der Superlative.